Version 3

Kikori Shiramoto wurde zusammen mit dem Tenno gefangen genommen und an einne Ort außerhalb unserer Welt gebracht. Die Bevölkerung in Tsusho-jo war voller Trauer und verschloß alle Tore der Burg, daß niemand die Residenz betreten möge. Seit dem Verschwinden der geliebten Prinzessin scheint die Zeit dort stillzustehen, alles ist in Ohnmacht erstarrt .......

Der Einband des dicken Buches wog schwer in seinen Händen. Es sah aus, als sei es bereits durch Millionen Hände gegangen, abgegriffen und uralt. Die Seiten waren jedoch in so gutem Zustand, daß Toshiro sich fragen mußte, ob das Buch nicht doch neueren Ursprungs war. Es sollte ja vorkommen, daß gerade solche Bücher bewußt auf "alt" gemacht wurden. Sie verkauften sich besser, da das Geschichtsbewußtsein zunehmend stieg. Aber trotzdem schloß er diese Möglichkeit aus: In einem so kleinen und alteingesessenen Buchladen ging er davon aus, daß es sich hier um keinen Betrug handelte.

Er hielt also wirklich ein Original in den Handen. Vorsichtig schaute er sich um, ob der etwas kauzige Ladenbesitzer etwas dagegen hatte, daß er immer wieder hierherkam, nur um in diesem Buch zu lesen. Es war Toshiro langsam selber peinlich, nur wegen dieses Buches den Laden zu betreten. Er hatte es mehr oder weniger durch Zufall entdeckt, denn der Buchladen lag etwas abseits.

Wahrscheinlich hatte er nur irgendetwas gesucht, ohne zu wissen, was. Das kam bei ihm öfter vor, und wenn er ehrlich zu sich war, mußte er sich eingestehen, daß er keinerlei Halt in seinem Leben verspürte, eine Orientierung suchte. Momente der Liebe, flüchtig, nie für eine "kleine Ewigkeit" .... der Platz in der Firma, für den er nie würde kämpfen müssen. Seine Zukunft: Absolut gesichert und unklarer denn je. Eigentlich wartete er darauf, daß eines Tages etwas in sein Leben trat, was ihn dazu bewegte, sich dafür einzusetzen. Vielleicht war es gerade dieses Buch!

Nie hatte er eine solche innere Erregung verspürt wie an dem Tag, als er es zumn ersten Mal aufschlug und begann, die Geschichte des Landes Nippon kennenzulernen. Dabei handelte es sich in keiner Weise um ein Geschichtsbuch Japans, sondern es stellte vielmehr eine eigene Geschichte dar, eine Welt in der Welt. Es war auch keine phantastische Erzählung irgendeiner Art, da es weder Autor noch durchgehende Handlung gab. Nippon war eine Welt, in der es keinerlei Bezug gab zum Japan seiner Zeit. Die ersten Kapitel des Buches wiesen Nippon als eine Welt aus, die die Form einer Scheibe oder einer einfachen Fläche mitten im Raum hat. Die Meere fließen in den Abgrund hinein. Es wird sogar darauf hingewiesen, daß man dies hervorragend beobachten konnte, und zwar aus dem "Cafe am Rande des Abgrundes" in der Stadt Shin-en. Nippans Länder und Gebirge wurden von den Göttern errichtet, die auch selber dort leben. Was sollte das für eine Welt sein, bizarr und unirdisch?

Trotz allem jedoch schien die Sprache identisch zu sein. Toshiro hatte es zunächst tatsächlich für eine große Erzählung gehalten. Je weiter er vorstieß, desto mehr hielt er das Buch für eine Art Saga, da keine durchgehende Handlung erkennbar wurde. Wenn es überhaupt jemand geschrieben hatte, so besaß dieser auf jeden Fall die Fähigkeit, Toshiro glauben zu machen, daß die geschilderten Ereignisse real waren, so unglaublich und unwirklich sie einem Menschen des 20.Jahrhunderts auch vorkommen mußte. Das alles verstärkte in Toshiro nur den Eindruck, daß es ein echtes Geschichtsbuch war, wenn auch oft unklar und mit vielen Lücken. Aber wie konnte ein Geschichtsbuch existieren, wenn es die Geschichte dazu nicht gab??!

Mit einem resignierenden Seufzer klappte er das Buch zu und stellte es wieder ins Regal zurück. Der Buchhändler beachtete ihn nicht. Toshiro trat auf die Straße hinaus. In Tokio machten die Geschäfte bald zu. So ging er nach Hause, immer noch unzufrieden mit seinem Unvermögen, dem Buch auf die Schliche zu kommen. Wahrscheinlich würde er doch den Handler fragen müssen, woher es kam, denn kaufen konnte er es nicht: Es stand in dem kleinen Regal unverkäuflicher Bücher, an denen der Händler offensichtlich sehr hing. Es hatte einen prachtvollen Einband, war ein herrliches Schmuckstück. Er würde sich nie davon trennen, Toshiro konnte das nur zu gut verstehen.

Sollte er es stehlen? Oh nein! Er versuchte so weit wie möglich dem Buch zu gehorchen, und Benten, die Göttin, die Nippon erschaffen hatte, war zugleich eine Göttin der Ehrlichkeit. Er wollte sie nicht enttäuschen. Sie war die Mutter der Göttin Amaterasu-omi-no-kami, welche die vier Kaiser Nippons ermächtigte, in ihrem Namen zu regieren. Amaterasu wohnt in einer Stadt namens Taiyo-hoka, ganz aus Smaragden gebaut und mit einem prächtigen Garten versehen, in dem die einzigartigen Lichtrosen blühen.

Toshiro hatte sämtliche Atlanten gewälzt, die er finden konnte, aber eine Stadt dieses Namens gab es einfach nicht. Eine andere stadt, Atatakami, existierte ebenfalls nur in Nippon: In ihr wohnt nach dem Buch Bentens Gegenspieler Hachiman. Auch er ebenfalls ein Gott, der es allerdings mit der Tugend nicht sehr genau nimmt: Er stahl Bentens Tochter Amaterasu ihr geliebtes Sonnenpferd. Überhaupt scheint er sehr habgierig zu sein, denn er kämpfte verbissen 2 Jahrhunderte lang nahe der Sumpfstadt Sawa-byoki um die begehrte Blast-Perle, die vergraben ist. Hachiman mußte aufgeben und verfluchte die Insel seiner Niederlage. Sie wird die Verwunschene Insel genannt, und man sagt sich, daß Hachiman deshalb verlor, weil er sich zu oft am Mohn der Sümpfe berauschte und in schöne Träume versank. Sehr menschlich .....

Was Toshiro jedoch am meisten an dieser Welt überraschte, war ihr Aufbau: Benten hatte Nippon geschaffen als ein Plateau mit drei großen Kontinenten und einer Unzahl von Inseln. Im Norden Nippans waren ausgedehnte Schneegebiete und auch Eisflächen um die Inseln am Abgrund herum, wahrend den Süden eine Vulkan- und Lavalandschaft beherrschte. Genau in der Mitte lag der Kontinent der Tropenwalder und Sumpfgebiete. Es war also durchaus eine Ähnlichkeit zur Erde vorhanden, aber wo bestanden echte Parallelen?

Toshiro war zu Hause angelangt. Er hatte keine Lust, noch irgendetwas mit seinen Freunden zu unternehmen, da sie ihm ohnehin zu nichtssagend waren; ihre Interessen waren von seinen so verschieden, daß er von ihnen auch keine Hilfe erwarten konnte. Er wUrde morgen sowieso wieder in den Buchladen gehen, um weiterzulesen. Nach der Arbeit war Toshiro zum Laden geeilt, fand ihn aber verschlossen. Er war maßlos enttäuscht, hatte er sich doch derart auf ein Wiedersehen mit Nippon gefreut, daß er etwas früher von der Arbeit weggegangen war. Einem kleinen Schild war zu entnehmen, daß der Ladeninhaber sich heute nicht gut fühlte: Wegen Krankheit geschlossen. Aber Toshiro wollte sich nicht damit abfinden, umsonst gekommen zu sein: Er ging um ein paar Häuser herum in den Hinterhof und suchte die Rückseite des Ladens. Er wußte, daß es eine Hintertür gab. Er schaute sich schnell um und hatte Glück: Es war niemand zu sehen und das Hinterfenster war nur angelehnt. Toshiro faßte hinein und konnte so die Hintertür aufmachen. Rasch schlüpfte er in den Laden und schloß die Tür.

Hier kannte er sich bestens aus, griff zielsicher in das gewisse Regal und holte den Band heraus. Zahllose Stunden hatte er über dem Buch gesessen, so daß er bis zur Mitte vorgedrungen war. Das nächste Kapitel befaßte sich ausführlich mit den Formen der Magie, die in Nippon eine wichtige Rolle spielte. In der stadt Teijnashi auf der Insel der Magie ,die früher einmal den Mittelpunkt der Welt bildete und sich jetzt nur noch langsam bewegt, lebt En-no-gyoya, der Erfinder der Magie. Hier befindet sich auch die Quelle der Magie, die noch nie versiegt ist. Allein En-nogyoya weiß, wann dies geschehen wird. Jeder, der ein Zauberer werden will, muß seine Ausbildung bei ihm beginnen. Die Sprüche, die man erlernt oder gefunden hat, dürfen sie in das Buch von Ki schreiben. Es liegt im Schrein der Magie in Maho-Tori.

Über Nippon verteilt gibt es 10 große Zaubersprüche, die auf Pergamenten geschrieben auf Land versteckt sind. Sie zu finden, bedeutet für einen Zauberer sehr viel, da sie außer ihrer enormen Wirkung einen erheblichen Ruhm mit sich bringen. Auf seiner Suche nach der endgültigen Weisheit sind die Zauberer jedoch dadurch eingeschränkt, daß das große Buch der Wahrheit mitten in den Bergen bei Tokoro-chian liegt. Es ist nur durch die Luft zu erreichen und niemand außer Shiru in der Stadt Hi-do kennt die genaue Position. Es bleibt den· Zauberern nichts anderes übrig, als nach weiteren Zaubersprüchen zu suchen.

Der Spruch FEUERBALL, vom Zauberer Anjasio erfunden, vernichtete durch einen gewaltigen Vulkanausbruch die Stadt Yusodaki, was aber nur ein Versehen des Zauberers war, der sich nun voller Scham im Norden versteckt hält. Der Spruch LEAVE befindet sich angeblich in einem alten Baum, der "Baum des Lebens" genannt wird. Er wird im Kloster Hayagake-do mit seinem Schrein der Wälder verehrt, das in der Nähe des Baumes errichtet wurde. Die Mönche des Klosters gelten als sehr arbeitsam, was wohl auch darauf zurückzuführen ist, daß sie kaum müde werden. Es heißt, daß sie Methoden entwickelt haben, die die Müdigkeit einschränken. In diesem Kloster lebt auch der Mann, der den Spruch CHARM erfunden hat. Er gilt als das einzige Gegenmittel zum Bannspruch der Hexen des Nordens, der Ubas.

Die Ubas kamen Toshiro bekannt vor. Er blatterte zurück und fand die Stelle. Das Buch war eben sehr verworren. Die Ubas sind die Erfinder des WASSER DES LEBENS, das man für das hohe Alter der Menschen in Dehi-na verantwortlich macht. Es wird mittels eines komplizierten Verfahrens aus dem Schwarzen Schnee gewonnen, den man auf den Bergen der nördlichen Inseln am Abgrund finden kann. Der Führer der Hexen, Saradana, wurde auf dem Höhepunkt seiner Macht allerdings geköpft. Viele meinen, weil ihm seine Macht zu sehr zu Kopf gestiegen war .... aber seine heiligen Waffen werden immer noch in Samusa-Toshi aufbewahrt, der Stadt, die so nahe am Abgrund liegt, daß dort sehr starke tödliche Meeresströmungen auftreten.

Die Bewohner dort gelten als sehr ängstlich, was wohl nicht nur an den Meereströmungen liegt: Hier probierten die Zauberer Mifune und Hana-Shi-aite ihren Spruch FEAR aus, der Angst und Schrecken verbreitet. Als sie merkten, was sie angerichtet hatten, vergruben sie ihn, bevor Schlimmeres passieren konnte oder die Dämonen von ihm erfuhren. Durch zwei einsam wachsende Palmen ist das Verborgene Tal gekennzeichnet, in den man den Spruch SPIEGELBILD finden kann. In der Zeit der Kriege von Shatun wurde er von Kriegszauberern entwickelt. Das Buch berichtete an dieser Stelle auch von einigen magischen Gegenständen, wie dem AMULETT VON HI, welches man brauche, um durch Feuer zu gehen. Es soll im Labyrinth von Ra bei der Stadt Fuyokawa liegen. Dort lebt auch Igaku, der den Ring schuf, mit dem gefahrlos Sumpf überqueren kann. Leider wurde der Ring von den Dämonen der nordischen Eiswüste gestohlen, die in ihrer Hauptstadt Yugure verstärkt am aufrüsten sind. Viele Menschen haben die Befürchtung, daß von dort eine Großinvasion geplant wird. So machte sich ein junger Mann namens Bakamono auf, den Ring zu stehlen. Er versteckte ihn auf einer Felseninsel, doch die Gefahr aus Yugure ist noch lange nicht gebannt. Um die Dämonen aufzuhalten, wurde der Spruch SLOW erfunden, der sich im Nordtal der einst blühenden Handelsstadt Yamabito befindet. Leider wurde der Erfinder von den Ubas verhext, somit kennt niemand die genaue Position.

Im übrigen gelten alle Zauberer als recht eigenbrötlerisch, immer darauf bedacht, ihre gesammelten Sprüche zu verteidigen. Sie treffen sich höchstens in den wenigen Schulen Nippons, wo sie gewisse Fähigkeiten erwerben können: So in Arfni-do, der Schule der Infravision, in der man lernt, Wärme zu sehen. Man trifft sich auch oft in Kokoro-hi, um dort das Kämpfen zu lernen. Die ständig von der Lava bedrohte Stadt bietet zudem eine willkommene Abwechslung durch den seltsamen Vulkan auf der Nachbarinsel. In Mizu-do befindet sich die Schule des Wassers. Die meisten Zauberer interessieren sich für das Schattenwasser von Shin-en und müssen hier erst einmal schwimmen lernen ..... viele von ihnen ertranken dann auch bei der großen Flutkatastrophe von Chuibukai, der "Wachsamen Festung". Allerdings war dies auch Eigenverschulden , denn sie hatten dem Sonnenschrein von Hinode-tori in ihrer Eitelkeit zu sehr vertraut, der dann versagte. Sein Erbauer, der völlig verbissene Zauberer Bint-si-us, wurde nach Mawarimichi verbannt. Dort treibt er aber weiterhin sein Unwesen, denn seitdem sind alle Bewohner dafür bekannt, daß sie krankhaft alles sammeln, was sie bekommen können.

Toshiro machte es keine Mühe, all diese Informationen in sich aufzunehmen, ja, je länger er sich mit dem Buch beschäftigte, um so mehr spürte er, wie er es brauchte. Er begann, darin zu leben. Und er hatte wenig Zeit: Bis zum späten Abend mußte er das Buch durchgelesen haben, er durfte sich diese Möglichkeit nicht entgehen lassen. Die letzten Kapitel las er noch schnell durch, in denen von einem seltsamen Ort namens Ulti-Tori berichtet wird, den die Zauberer Ishda und Briti-lo errichteten. Amaterasu gefiel dies jedoch gar nicht, und in einem Anfall von Zorn verbannte sie die beiden Anfänger an einen ausgestorbenen Landstrich namens Er-deh und ließ Ulti-tori in Vergessenheit versinken. Viele Zauberer sind der Meinung, daß sie sich abreagieren mußte, nachdem Hachiman ihr Sonnenpferd stahl.

Mit größtem Interesse verfolgte Toshiro das Schicksal der Prinzessin Kikori Shiramoto, die eigentlich die Hauptfigur der Saga war: Sie durchzog das Buch wie ein leuchtender Faden, war nicht mehr wegzudenken aus dem Geschehen. Dabei blieb sie merkwürdig charakterlos, wie eine Statistin, die nun eine Hauptrolle bekommen hat. Um ihr rätselhaftes Verschwinden rankten sich die seltsamsten Gerüchte, nahezu alle wichtigen und gelehrten Menschen in Nippon machten sich öffentlich Gedanken über sie. Vielleicht war sie sehr schön ..... jedenfalls tat der Zauberer Knik-rim alles, ihr Herz zu gewinnen und wollte für sie den Spiegel der Erde aus dem Fels schneiden, was kläglich scheiterte. Im übrigen lehnte sie ihn sowieso ab, auch als er ihr anbot, den Stein von Toshi aus Hayashitori zu holen. Aus lauter Kummer verzog er sich nach Kokoro-kazan, um in dem ausgedehnten Höhlensystem der Stadt Vergessen zu finden mit einem beträchtlichen Vorrat aus der Bierbrauerei von Janguru.

Es war Abend geworden. Toshiro schloß das Buch mit einem dumpfen Knall. Er machte sich benommen auf den Heimweg und konnte die Gedanken nicht von Nippon lenken. Noch lange lag er wach. Am nachsten Morgen nahm er all seinen Mut zusammen und fragte den Ladenbesitzer, woher er jenes Buch habe. Dieser fragte etwas mißtrauisch, warum er das wissen wolle. Toshiro antwortete wie im Schlaf, daß er Kikori finden wolle. Blitzschnell überlegte er: Wollte er das denn wirklich? Ja, es war seine innere überzeugung!

Der Ladenbesitzer aber schien zu verstehen. Und er verwies ihn auf das Nationalmuseum. Mehr könne er ihm auch nicht sagen. So eilte Toshiro ins Nationalmuseum, durchstreifte alle Gänge und Winkel und wußte nicht, was er suchen sollte. Bis er vor einem lebensgroßen Statuenpaar stand, von denen die Frau genau das Kleid trug, welches Kikori dem Buch zufolge am Tage ihres Verschwindens trug!
Die aus Bronze gegossenen Figuren waren isoliert im Museum, schienen keiner Epoche oder Zeit anzugehören. Er beugte sich zu der kleinen Tafel hinunter, die die Museumsleitung angebracht hatte: Die Statuen waren 1967 bei Ausgrabungen in einem kleinen Dorf bei Toyohashi gefunden worden. Sie waren tatsächlich keiner Epoche zuzuordnen, ihr Alter nicht näher bestimmbar. Die Experten waren sich strittig, plädierten jedoch für eine Aufnahme ins Museum, da die Figuren außerordentlich fein gearbeitet und hervorragend erhalten waren. Offenbar stellen sie ein königliches Paar dar, jedenfalls deuteten Kleid und Rüstung darauf hin. Das Statuenpaar ist eine einsame Ausnahme inmitten der zusammenhängenden Sammlung des Museums, es bekam eine eigene Ecke für sich.

Toshiro bleib lange fasziniert davor stehen. Er wußte: Es mußten Kikori und der Tenno sein! Wie kamen sie hier hinein? Wie war es zu erklären, daß gerade hier eine Parallele zum Buch bestand? Toshiro konnte sich nicht nicht von Kikori lösen: Sie besaß eine merkwürdige Schönheit, die sie dem Betrachter entrückte, als sei sie nicht wirklich hier. Der Tenno dagegen hatte einen ruhigen, neutralen Blick, etwas melancholisch vielleicht. Er trug die einfache, doch kunstvolle Rüstung, die er bei seinem Verschwinden getragen haben soll. Aber es wurde immer später, und Toshiro wollte nicht durch Zuspätkommen unnötig auffallen. Er mußte morgen wiederkommen.

So ging Toshiro gar nicht erst zur Arbeit, sondern schlug sofort den Weg ins Museum ein. Er eilte durch die endlosen Gänge, konnte es nicht erwarten, Kikori zu sehen. Er hatte sich in eine Statue verguckt, wie sollte er nun das echte Mädchen finden? Die letzten Worte des Tenno kurz vor dessen Verschwinden fielen ihm ein: "Es gibt nichts Schlimmeres als den erfüllten Traum".

Toshiro hatte die Ecke erreicht. Das Museum war praktisch leer an diesem Morgen, er würde ungestört sein. Sie sah aus wie gestern. Was hatte er erwartet? Statuen verändern sich nicht. Aber je länger er sie anstarrte, desto stärker glaubte er so etwas wie eine Stimme zu hören, Wortfetzen, melodisch, aus weiter Ferne. Und der Raum veränderte sich, wurde kleiner. Toshiro sah vor der Statue des Tenno eines kleinen Kreis erscheinen, einen Kreis von durchdringender Schwärze, der beständig wuchs. Die Stimmen wurden lauter, lockten ihn mit wunderschönen Versprechungen in fremder Sprache. Er kam näher und näher, stand direkt vor dem jetzt schon mannsgroßen schwarzen Kreis, er konnte die Statuen dahinter nicht mehr erkennen. Toshiro hatte Angst, und eine Entscheidung wurde von ihm erwartet. Er wollte zu Kikori, und die Stimmen kamen von ihr. Auf einmal war die Entscheidung unendlich leicht, alle Beklemmung fiel von ihm und er ging mutig in den Kreis hinein. Toshiro schritt durch ihn hindurch - und alle Dunkelheit schwand sofort. Aber er stand nicht vor Kikori, er sah eine weite Landschaft vor sich, Hügel, Berge und eine Stadtmauer in der Ferne. Die Sonne war gerade aufgegangen. Seine leichte Rüstung störte ihn nicht, als er erste Schritte auf dem Grasboden tat, der Stadt entgegen. Er hatte dies alles schon einmal gesehen.